Die Freiheit des Internets ist gefährlich – für wen?

Zensur

Wikipedia-Gründer Jimmy Wales hofft, mit seiner Aktion Druck auf die Politiker im Kongress auszuüben und die Nutzer der Seite dazu zu bringen, sich in die Debatte einzumischen. „Ich hoffe, Wikipedia wird die Telefonsysteme in Washington am Mittwoch zum Schmelzen bringen“, schrieb Wales in einem Twitter-Eintrag. Nach seinen Worten würden die Gesetze dafür sorgen, dass Wikipedia oder andere Seiten wie Suchmaschinen nicht mehr so frei wie bisher auf andere Seiten weiterverweisen könnten, was einer Zensur gleichkäme.

Upgedated – Am 18. Januar 2012, war in den USA Protesttag gegen zwei geplante Anti-Piraterie-Gesetze: den Stop Online Piracy Act (SOPA) und den Protect Intellectual Property Act (PIPA). Die englischsprachige Ausgabe der Online-Enzyklopädie Wikipedia schaltet aus Protest für einen Tag ab. Weitere viel besuchte Seiten schließen sich der Aktion an.

Worum gehts?

Der Protest wendet sich gegen den Gesetzesentwurf, der die Verbreitung von Raubkopien im Ausland unterbinden und geistiges Eigentum1 schützen will.

Wenn du kämpfst, kannst du verlieren. Wenn du nicht kämpfst, hast du schon verloren.

Unterstützt werden die Gesetze von der US-Film- und Musikindustrie, die argumentiert, dass der illegale Verkauf ihrer Produkte Urheberrechte verletze und Arbeitsplätze in den USA vernichte. Details dazu in der Süddeutschen, hier ein Ausschnitt:

Das umstrittene Gesetz will den Download von Copyright-geschützten Dateien zur schweren Straftat machen. Zudem sollen die Inhaber der Urheberrechte die Möglichkeit haben, „kriminelle“ Webseiten relativ einfach blockieren zu lassen. Diese dürften dann nicht mehr in Google-Suchergebnissen auftauchen oder über die Eingabe der Adresse in der URL-Leiste des Browsers erreichbar sein. Auch Bezahldienste wie Paypal dürften dann mit den Betreibern solcher Seiten nicht mehr zusammenarbeiten.

Gegner der Gesetzesinitiative befürchten, dass damit eine Innovationsblockade einhergehen und die amerikanische Wirtschaft geschädigt werden könnte. Außerdem könne die US-Regierung dann das Internet zensieren – wie es China jetzt schon mache. Eingriffe in die Architektur des Webs würden zudem Sicherheitsmechanismen im Internet untergraben.

Seit ich den Film Thrive gesehen habe, lese ich solche Meldungen mit ganz neuem Bewusstsein. Ich stelle die gleiche Frage wie sie Foster Gamble in dem Film stellt: „Wer hat was davon?“ und folge dem Geld. Auf der Website OpenCongress klickt man auf „Money Trail“ (Spur des Geldes) und erhält eine Auflistung der Unterstützer der Gesetzesentwürfe, die für sich selbst spricht.

Hier ein Ausschnitt aus Thrive:

Update, 18.1.2012 07:30h EST

Google Blackout

Google protestiert. Ein Screenshot der Google-Website am 18.Jan. 2012. Ein Link führt zur Petitionsseite.

Update, 18.1.2012 09:36h EST

Die Digitale Gesellschaft erklärt, warum SOPA auch die Deutschen angeht:

Im Rahmen eines sogenannten “Blackout Days” haben sich heute zahlreiche Webseiten verhüllt, darunter die englischsprachige Wikipedia. Sie protestieren damit gegen zwei amerikanische Gesetzesentwürfe, den Stop Online Piracy Act (SOPA) und den Protect IP Act (PIPA). Diese sollen Wirtschaftsinteressen amerikanischer Copyright-Inhaber schützen, haben aber massive Auswirkungen auf die digitale Welt: Internetprovider sollen gezwungen werden, Inhalte proaktiv zu überwachen, Inhalte sollen gesperrt, Suchmaschinen-Treffer nicht mehr angezeigt und Verlinken strafbar werden. Dies hat in Amerika für einen Aufschrei gesorgt, wie er in Deutschland bei der “Zensursula”-Debatte um Netzsperren stattfand. “Sollten diese Gesetze auch nur zur Hälfte so kommen wie vorgeschlagen, hat dies negative Auswirkungen auf das gesamte Internet”, sagt Markus Beckedahl, Vorsitzender des Digitale Gesellschaft e.V.

SOPA/PIPA sind Überwachungsgesetze

SOPA und PIPA enthalten eine Vielzahl Probleme. Durch eine umfassende Providerhaftung sollen Plattformbetreiber und ISPs gezwungen werden, ihre Nutzer aktiv zu überwachen, Inhalte zu sperren und Suchergebnisse zu zensieren. Was bei Telefon und Post nicht durchsetzbar wäre, soll im Internet gemacht werden, einfach weil es technisch möglich ist. Auch das Setzen von Links könnte strafbar werden. Doch wer kann sich sicher sein, dass hinter einem Link keine Urheberrechtsverletzung zu finden ist? Und sich der Inhalt hinter dem Link nicht ändert?

Einen kleinen Erfolg kann die Protestkoalition bereits vorweisen: Eine Anhörung zu SOPA wurde verschoben und DNS-Sperren sollen nun vielleicht doch nicht zum Einsatz kommen. Gegen diesen gefährlichen Eingriff in die Architektur des Internets hat sich – nach dem Irrweg des Zugangserschwerungsgesetzes – 2011 auch die Bundesregierung entschlossen. (Vollständiger Beitrag)

Update 20.1.2012

Hier sind die überwältigenden Ergebnisse (Quelle):

Sopa-Protest: Die Ergebnisse in Zahlen

Sopa-Protest: Die Ergebnisse in Zahlen

  1. siehe auch Geistiges Eigentum, ein patriarchales Hirngespinst []

2 Kommentare