Gemeinsam sind wir stark

Ameisen sind gemeinsam stark

Auch andere schreiben über soziale Strukturen indigener Völker, nur ohne es zu wissen und mit verschiedener Wortwahl, worauf ich gleich noch kommen werde.

Hier ein paar Punkte über indigene Muster des gemeinsamen Zusammenlebens:

  • Definition von Gemeinschaftsintelligenz anhand von Ureinwohner-Clans: Ein indigene Gruppe findet Lösungen, die für ein einzelnes Mitglied unmöglich zu finden wäre. Gemeinsam können sie schnell und effizient auf Veränderungen und Herausforderungen reagieren.
  • Es gibt keine Oberbefehlshaber. Selbst die Ältesten eines Stammes sind es nicht; sie sind lediglich der Beginn der Verwandtschaftslinie.
  • Es gibt keine zentrale Verwaltung.
  • Statt dessen gibt es hoch effiziente Abstimmungsprozesse zur Koordination und Entscheidungsfindung (Konsensentscheidung). Wichtig dabei: Mehrere Koordinationskontakte in kurzen Abständen sind dafür nötig.
  • Basierend auf dieser Koordination übernehmen die Erwachsenen im produktiven Alter bedarfsorientiert verschiedene Aufgaben. Das basiert nicht auf einer gefällten Entscheidung, sondern aufgrund der impliziten Koordination im Kollektiv.
  • Indigene Menschen beurteilen aufgrund der Häufigkeit einer gewonnenen Information, ob sie dieser gefahrlos vertrauen und danach handeln können. Wichtig dabei: Unterschiedliche Informationsquellen.
  • Informationen werden über die Kunst transportiert und tradiert: Wandmalerei, Tätowierung, Tanzbewegungen, Web- und Flechtmuster etc.
  • Koordination funktioniert im Stamm durch einfache, über Jahrtausende bewährte Regeln.
  • Zentraler, einfacher Grundsatz: „Jeder achtet auf seinen/ihren Nachbarn“.

“Massen sind nur klug, wenn ihre einzelnen Mitglieder verantwortungsbewusst handeln und eigene Entscheidungen treffen. Eine Gruppe ist nicht schlau, wenn die Einzelnen einander nachahmen oder warten, bis ihnen jemand sagt, was sie zu tun haben.” Quelle : Peter Miller, National Geographic

Die oben aufgeführte Liste sind Zitate aus dem Artikel über Schwarmintelligenz von Ameisen im work.innovation Blog, wo versucht wird das Ameisenverhalten auf Firmen anzuwenden. In meinem Text habe ich allerdings Begriffe wie „Schwarm“ mit „Gemeinschaft“ ersetzt. Es ist beeindruckend, wie übereinstimmend sich das Verhalten aus dem Tierreich auf indigene Muster übertragen lässt (Vgl. auch Teil 7 in meinem Ekurs).

Warum informieren sich Spezialisten für Arbeitsprozesse nicht von vornherein über ursprüngliche – indigene Gemeinschaften? Vergleiche aus dem Tierreich sind immer problematisch, denn man muss viel mehr Überzeugungsarbeit leisten – es kommen a) Einwände wie „Wir sind doch keine Ameisen und auch keine Bienen“ und b) lassen sich meist Gegenbeispiele finden – und bei aller Ähnlichkeit im Habitus, gibt es einen gewaltigen Unterschied zum Menschen: Es fehlen Sprache und Selbsterkenntnis.

Zu bedenken ist auch, dass Ziel und Zweck (company mission) von Firmen und sonstigen Institutionen in unserer patriarchal-hierarchischen Zivilisation dem vorbildlichen Koordinationsverhalten, sei es bei Ameisenschwärmen oder intakten Stammesgesellschaften, ethisch diametral entgegenstehen können.

Außerdem ist eine Grundvoraussetzung für erfolgreiche Koordination im Team Freiwilligkeit. Tiere in Gefangenschaft verhalten sich ganz anders als in der Wildnis. Aber ist nicht jeder Angestellte einer Firma oder Verwaltungsinstitution Gefangener der Umstände? Solange es Abhängigkeitsverhältnisse gibt, wird es nicht möglich sein, dass der/die Einzelne eigene Entscheidungen treffen kann. Woher sollen wir das können, wenn wir von Geburt an ausschließlich Gehorchen lernen?

Fazit: Gemeinsam sind wir nur stark, wenn wir die Wahl und das gleiche Ziel haben.

16 Kommentare

  • dianne

    genau. klasse beschrieben. deswegen funktionieren konzepte wie "selbstverantwortung und commitment" in manchen betrieben auch nicht so wie erwartet … weil eben auf der einen Seite steigende Aktienkurse anvisiert werden, auf der anderen geht es um persönliche Erfüllung und einen krisensicheren, adäquat bezahlten Arbeitsplatz ….

  • richard

    Dianne, ich bin der Meinung, dass sich beide Dinge ergänzen bzw. bedingen.
    Das Problem liegt ganz wo anders:
    Tischerücken wird umso schwieriger, je genauer man hinsieht.

  • Hannelore

    Richard, ich verstehe nicht, was du meinst – oder stehe ich auf der Leitung?

  • dianne

    @richard: die "Dinge" ergänzen sich nicht, solange derjenige, der persönliche Erfüllung sucht, nicht darüber bestimmen kann, wie lange er die Aktienkurse zum steigen bringen darf … bevor er entlassen wird ….

  • richard

    Das Problem ist, dass es ja ohne abhängig Beschäftigten keine Aktienkurse gibt. Und ein abhängig Beschäftigter ist immer fremdbestimmt zum Wohle der Firma.

  • richard

    Es gibt ja Untersuchungungen zum Thema Tischerücken. Da werden wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt, was es mit den Sessions auf sich hat. Man weiß inzwischen, dass, je genauer die Dokumentation solcher Experimente ist, umso schwieriger lassen sich solche "übernatürlichen" Dinge hervorrufen. Das spielt sich überall auf der Welt so ab. Viele Menschen haben es drauf, in Situationen einfach den "richtigen Riecher" zu haben. Je mehr nun z.B. die Selbstverantwortung in Betrieben kontrolliert und reglementiert wird, umso weniger lässt man dem menschlichen Geist die Möglichkeit, die positiven Fluktuationen im Bereich der Entscheidungswahrscheinlichkeit zu finden. M.E. geht dies soweit, dass man die Menschen konditionieren kann,überwiegend Fehlentscheidungen zu treffen, weil man ihn z.B. verunsichert. Die Geschieht oft unbewusst, aber auch nach meinigen Erfahrungen ganz geziehlt. Die Intuition wird vernachlässigt oder bewusst unerdrückt.

  • richard

    Ich hab mich da vielleicht etwas unklar ausgedrückt.
    Solange sich die Arbeitnehmer freiwillig in die Abhängigkeit begeben, wird sich nicht ändern, da das Kapital auf eine Herde Williger trifft. So stützen sie ein System, das gegen sie arbeitet. Daher ist die Erfüllung im abhängigen Beruf immer ein Gewinn für den Aktienkurs, oder besser: das Kapital. Die Souveränität des Menschen aber setzt das Ende des Kapitalismus voraus.

  • Pros A.

    Ich finde die Diskussion hier sehr interessant und beispielhaft fuer etwas das ich als eine Bewegung weg von klassischen Unterhenhmensstrukturen, gern als virtuelle Firma bezeichnen wuerde. Das Zusammenspiel von Kapital und Arbeit ist gerade dabei sich neue Wege zu suchen. Ansaetze sind in dem Buch die Digitale Boheme beschrieben:


    Ich gehe mit meiner Vision gedoch weiter und sehe mehr und mehr Tendenzen sich sein Zutun zu user generated content bezahlen zu lassen. Sei es in Form von Populatitaet oder monetaer.  Das fuehrt dann zu einem Zustand in dem jeder Einzelne sich verschiedene Einnahmequellen erschiesst und Zeit und Flexibilitaet fuer das gewinnt, was er gerne und gut macht.
    Klassische Firmenstrukturen werden es zunehmend schwerer haben gegen den Ansturm der Innovationen loser Gruppen zu bestehen.

    Wenn jemand eine gute Idee hat, wie man die open source Bewegung in eine fuer alle Beteiligten lukrative Veranstaltung zu verwandeln, die sich nicht nur mit Softwareentwicklung beschaeftigt wuerde mich das sehr interessieren.

  • richard

    Ich würde mich da voll an den Ameisenstaat halten: dort wird keiner verhungern lassen. Jeder darf leben, weil er existiert.
    Umgemünzt auf den Menschen: Streichung jeglicher Sozialleistung. Sie ist zutiefst unmenschlich und demütigend. Einführung eines Bürgergeldes für jede Person in gleicher Höhe ab der Geburt bis zum Tod.  Soll nur zum nötigen Leben reichen. Damit würde man den Existenzdruck von den Menschen nehmen. Jeder kann sich dann so betätigen, wie er will, Arbeit würde stark nach ihrem Wert bezahlt werden! Wer sich einbringen will, kann es, da er nicht immer auf eine Entlohnung angewiesen ist. Wer sich also über das Open source bedient und daraus Gewinn schlagen kann, muß über die Steuergesetze die Allgemeinheit, also die, die dies ermöglicht haben, beteiligen.
    Diesmal hoffentlich ohne Fehler:-)
    [http://de.wikipedia.org/wiki/Bedingungsloses_Grundeinkommen]

  • Hannelore

    @Pros A.: Ich glaube auch, dass klassische Firmen mittel- bis langfristig verschwinden werden, weil keiner mehr dort arbeiten will. Ich habe einen Bekannten, der als er genug von seiner Firma hatte, auf Weltreise ging, und vorher alles den Angestellten vermachte (als Gemeinschaftsbesitz, ähnlich den US-Indianerclans, die Casinos usw. besitzen). Neue Eigentumsformen werden sich bilden, ähnlich wie es seit Jahrzehnten (!) in deutschen Gemeinschaften schon praktiziert wird. Diese Gruppen, Clans, Kommunen, wurden bekämpft bzw. belächelt und marginalisiert, das ändert sich gerade und die Leute wollen von diesen Pionieren lernen.

    Zu deiner Frage: Ich habe vor 6 Wochen ein Internet  Geldverdienen-Projekt begonnen, das nichts mit Software zu tun hat und bin überrascht, wie schnell sich das lernen lässt (von engl. Vorbildern). Meine Erfahrung ist noch zu gering, aber ich werde hier berichten, sowie ich ein paar Statistiken vorweisen kann. Der Weg: Indirekt durch einen Blog verdienen, nicht mit dem Blog (adsense etc.) selbst.
    Ich lese immer, dass das in D-land nicht funktioniert, aber die engl. Websites/Blogs haben ja auch mal angefangen.

    @richard: Steuergesetze gehören zum Zwangsapparat des Staates (überhaupt Gesetze) und zerstören den Gemeinschaftssinn, anstatt ihn zu fördern. Warum sollten die Leute, die Gewinn aus freischaffender Arbeit haben, nicht von sich aus mit anderen teilen (Wohnraum, Auto, zum Essen einladen, Kinderkleidung usw.), so wie viele sich ja auch jetzt schon umsonst in on- und offline-communities engagieren? Matriarchale Stämme machen das doch auch so. Es werden eben "Wahlverwandtschaftsstämme" sein.

  • richard

    Ich würde sagen, das Sicherheitsbedürfnis der Menschen ist doch so hoch, dass sie noch einige Zeit mit dem Status Quo leben wollen. Reich beschreibt ja recht gut, wie in Russland die Ehemoral durch die Hintertür wieder Einzug hielt. Das alte Gedankengut war noch vorhanden,  die "kastrierten Kater" weiterhin aktiv. Vor allem konnten die  Menschen mit der Freiheit nichts anfangen. Sie können es heute auch noch nicht, wie ich das so beobachte. An den zerfallenen Kommunen der 68iger erkennt man, dass die Leute ebenfalls noch nicht soweit waren. Das Patriarchat glitzert dann doch zu  verführerisch an allen Ecken und Enden. Für Leute, die suchen und doch nicht finden, eine Katastrophe.
    Was die Steuern angeht, hast Du recht. Allerdings gibt es ja noch das Privateigentum, und solange dieses existiert, ist es wohl erforderlich, dort die Vorteile aus dem Eigentum zu verallgemeinern. Dass soll aber nicht bedeuten, dass die Existenz besteuert wird, sondern das, was er sich deshalb überflüssig erwirtschaftet. Dies alles kann ja sukzessive abgeschafft werden, sobald der kleine Mann bereit dafür ist. Es tut sich  ja was in die Richtung: z.B. das Partnerschaftsgesetz.
    Hier kristallisiert sich eine interessante Entwicklung voraus: Immer mehr ältere Frauen lassen sich ins Partnerschaftsregister eintragen, um so gegenseitig entsprechend einstehen zu können. Ganz ohne sexuellen Hintergrund. Der nächste Schritt wird sein, ganze Wohngemeinschaften zu bilden. Das ganze hat aber keine Zukunft, wenn nicht mit der Zeit Frauen mit Kindern hereingenommen werden. Das ganze muß sich um die Kinder zentrieren. Ist ja auf Deiner Homepage schon alles gesagt. Nur: wie die Menschen dorthin bekommen?

  • richard

    Mit der Bedeutung Zwang bin ich vorsichtig geworden. Was passiert mit der Ameise, wenn sie  die "Ordnung" verletzt. Regeln und Ordnungen gibt auch in Matriarchaten.  Ob die jetzt erlassen sind, oder mit der Muttermilch vermittelt werden, spielt m.E. keine Rolle. Die Kinder lernen aus dem Verhalten der anderen. Im Patriarchat laufen gewünschtes und vorgelebtes  Leben auseinander und "verderben" damit die Kinder.
    Ich mag auch keine Gesetze, aber mein Freund z.B. will sie für sein persönliches Leben, weil er sonst keine Leitlinien mehr hat. Die Selbstverantwortung hat er nie gelernt. Also würden wir ihm mit der Abschaffung vorschreiben, dass er selbst zu entscheiden hat, wie er sich verhalten soll. Eigentlich auch Zwang. Vorbilder üben durch ihre Lebensart auch Zwang auf die jetzige Art von Menschen aus, die meisten wurden deshalb "unschädlich gemacht".

  • Hannelore

    @Richard: die 68er selbst waren noch nicht so weit (wie auch, bei den Eltern und Großeltern), aber manches ihrer Kinder und Enkelkinder setzt heute um, was damals der Ansatz war.

    Zu deiner letzten Frage: niemand kann andere Menschen zu etwas bekommen, außer mit Zwang. Ohne Zwang muss jeder sich selbst dorthin bekommen, wo er/sie gern sein möchte. Und das passiert, wenn es neue Vorbilder gibt, die anderen einen Denkanstoß geben. Ich halte es auch ethisch für nicht ok, anderen ihren Weg vorschreiben zu wollen. Manche müssen Umwege machen, die uns vielleicht sinnlos erscheinen, aber es sind deren Lernaufgaben und ich glaube nicht, dass man ihnen die Chance wegnehmen darf.
    Deshalb halte ich auch nichts von Gesetzen. Man nimmt den Menschen die Selbstverantwortung weg.

  • Jürgen

    Die Diskussion entfernt(e) sich am Ende etwas vom Thema "Gemeinsam sind wir stark". Gleichwohl ist ‚das alles‘ sehr interessant zu lesen und auch ineinander verwoben.

    Hier ein Zitat (von Willigis Jäger), mit dem ich die Verknüpfung von ‚Gemeinschaft‘ und ‚Ordnungsrecht‘ (hoffentlich) voranbringen helfe:

    Zitat:  Nicht Gesetze und Strafandrohungen sind unsere Rettung. Nicht Proteste, Demonstrationen und Kriege sind unsere letzten Mittel. Sie behalten zwar ihr Bedeutung, werden aber nur wirksam, wenn sie aus Liebe und Mitgefühl gespeist werden. (. . .) Mystik ist nicht nur Widerstand. Mystische Wege sind effektive Heilmittel für unsere Gesellschaft. (…) Was aber heißt das? Wirkliche Hilfe findet der Mensch erst, wenn er hinabsteigt in seinen Seelengrund. Hier findet er sich eins mit allen Geschöpfen und eine tragende Verbundenheit und Liebe. Er erfährt sich eingebettet in die Ordnung und Harmonie der Schöpfung. Durch diese Erfahrung wird er von innen her gewandelt. Er weiß, dass er und alles eine Epiphanie, eine Erscheiungsform Gottes ist. Wohlwollen und Liebe brechen von innen her auf. Sie werden genährt durch die Erfahrung der Einheit, aus der nichts herausfallen kann. – Zitat Ende.

  • richard

    Krieg aus Liebe und Mitgefühl?

  • Anonymous

    Deshalb sitzen die Indios auch immer noch im Urwald
    und würden da auch wohl ganz stumpf und befangen-erfüllt mit
    weltlicher Nichtigkeit weitersitzen, wenn wir sie denn liessen.
    Man kann sein evolutionäres Potential auch gewiss wegwerfen in dem
    man es bewusst nicht nutzt.
    Die Fähigkeit zur Manipulation der Umwelt (durch die Hand mit Daumen) hat den menschlichen Verstand erst in Wechselwirkung so hochwerig gemacht und als Antwort auf die Probleme, die letztendlich aus der Diskrepanz des geistigen Potentials und der körperlichen Begrenztheit des Menschen resultieren, wollt ihr das geistige Potential verrotten lassen?
    Fortschritt wird nicht durch Harmonie erzielt sondern durch die Auflösung von Problemen und Mängeln und das geht entweder durch den Weg von Ordnung also Kontrolle oder eben den des Chaos also eliminatorischem Wettbewerb.
    Ordnung als philosophisches Konzept ist klar kollektivistisch,
    Chaos also Unordnung individualistisch-egoistisch.