Akkumulation, Wachstum und Angst vor dem Tod

Wie ich im Beitrag über die Entstehung des Patriarchats andeutete, kam es zu Hungersnöten in den ehemals fruchtbaren Gebieten, die heute große Wüsten sind.

Vor 6000 – 4000 Jahren wanderten daraufhin die Kurgan-Leute aus den südrussischen Steppengebieten nach Westen.

Sie brachten in die bäuerlichen Gesellschaften, die sie vorfanden, außer dem Hirtentum, der patriarchalen Lebensweise und großem Kampfgeist auch die indoeuropäische Sprache mit. Die Trockenperioden waren der ursprüngliche Auslöser des Wanderns, aber im Laufe der Generationen wuchsen Bevölkerung und Viehherden so stark an, dass das Land knapp wurde und die jüngeren Söhne sich aufmachten, neue Gebiete zu suchen und zu erobern.

Die Existenz von archäologisch nachgewiesenen Brandschichten an vielen Siedlungsplätzen ist ein Beweis dafür, dass es zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den alteingesessenen Ackerbauern Südosteuropas und den Vieh haltenden Nomaden aus den südrussischen Steppen kam.
Die indoeuropäischen Reiternomaden waren den Städtern Alteuropas militärisch überlegen.

Um die Mitte des 4. Jahrtausends v.u.Z. beginnt die Ablösung der matriarchalisch orientierten Kulturtradition der osteuropäischen und vorderasiatischen Urbevölkerung durch eine patriarchalische Gesellschaftsordnung.

Auswirkungen der Wanderungen ausgehungerter Völker

Die Sehnsucht nach Sicherheit wurde von den traumatisierten Hirtenvölkern befriedigt, indem sie sich bemühten die Herden zu vergrößern.

Während dieses Wachstumsprozesses formten sich drei charakterliche Veränderungen heraus:

  • der ständige Wunsch nach Anhäufung materieller Dinge,
  • die überaus große Wertschätzung von immer währendem Wachstum und
  • der Angst besetzte Blick auf den Tod als Quelle von Schmerz und Verlust.

Tatsache ist, dass diese hohe Wertschätzung von Wachstum die Schleusen für Handlungen öffneten, die zu explosionsartigem Wachstum der Bevölkerung führten: jede Art der Geburtenregelung wurde verboten – ganz im Unterschied zum matriarchalen Verständnis von Leben und Tod als einem zyklischen, sich selbst regulierendem System*.

Ja, das Anwachsen der menschlichen Population wurde noch angeheizt – gerade so wie die Zuchtbestrebungen bei den Herden – indem Frauen häufiges Gebären anstrebten und dazu (bis heute!) von der Gemeinschaft angehalten wurden.

*Naturvölker verfügen im allgemeinen über pflanzliche Verhütungsmittel. Dieser Fakt wurde erst zur Geheimsache mit dem Eintreffen von profitorientierten Kolonisten und ihren moralisierenden Missionaren in Stammesgebieten, die typischerweise versuchten die Arbeitskraft der einheimischen Bevölkerung auszubeuten.