Die Saharasia-These oder Wie das Patriarchat entstand

Knochen

Oft werde ich gefragt: Wie kam es eigentlich zu den gegenwärtigen gewalttätigen Verhältnissen?

Eine Antwort gibt die Saharasia-These. Sie beschreibt die Entstehung des Patriarchats und zwar anhand geografischer Daten.

Der amerikanische Geograph James DeMeo hat Material über 1170 indigene Kulturen mit Hilfe einer Datenbank ausgewertet, und eine Weltkarte des menschlichen Verhaltens erstellt. Diese Karte veranschaulicht, dass der Patrismus in seiner weltweiten Ausdehnung weder allgegenwärtig noch zufällig ist.

Was vor etwa 7000 Jahren geschah, die Saharasia-These in Kürze:

  • Das Klima änderte sich,
  • fruchtbare Gebiete trockneten aus (Sahara, asiatische Wüsten)
  • die ansässigen Menschen hatten Nahrungsknappheit bis zu extremsten Hungerkatastrophen.
  • Wie aus heutigen afrikanischen Regionen bekannt, sterben zuerst Alte und Kranke, dann Kinder, dann Frauen.
  • Männer, vor allem junge kräftige Männer überleben am längsten, bilden Banden (schon vorher, zur Nahrungsbeschaffung) und ziehen zu Raubzügen aus,
  • beginnen zu wandern (Völkerwanderungen).
  • Dabei findet eine Charakterveränderung statt,
  • (Ur-)vertrauen verschwindet,
  • Angst und Unsicherheit entstehen,
  • die Mann-Frau– so wie die Mutter-Kind-Bindungen werden empfindlich gestört,
  • die Kultur verfällt, geht verloren, weil sie nicht mehr überliefert wird.
  • Folge: Erobern und rauben, und dabei töten, um zum Überleben.

Hungerndes KindEuropa wurde beispielsweise ab 4000 vor unserer Zeitrechnung von den sogenannten Streitaxt-Völkern, den Kurganen, Skythen, Sarmanten, Hunnen, Mongolen, Arabern und Türken überfallen.

Gemeinschaften, die im Überfluss leben, bzw. ihr Auskommen haben, kommen erst gar nicht in diese Situation. Deshalb gibt es ja auch solche Völker noch. Wir nennen sie Naturvölker, wegen ihrer natürlichen – humanen – Lebensweise.

Die Saharasia-These lässt sich leicht mit den Erkenntnissen aus anderen Forschungsgebieten stützen. Im Grunde ist die These eigentlich nur eine Auswertung von Datenmaterial. Der Autor James DeMeo zieht keine Schlüsse, die er nicht mit Zahlen belegen kann. Er rechnet auch nicht hoch, wie das etwa bei Statistiken gemacht wird.

Marija Gimbutas (Archäologin) Kurgan-Hypothese führt zu den gleichen Resultaten, soweit es die Ausbreitung des Patriarchats in Alt-Europa von den südrussischen Wüsten her betrifft.

Bei Wilhelm Reich (Mediziner, Psychiater) und Humberto Maturana (Neurobiologe) werden die Erklärungen gegeben, unter welchen Umständen sich Gewalt entwickelt.

Und in der Schriftforschung (Harald Haarmann) lassen sich die Einflüsse früher patriarchaler Eroberer auf die  Urbevölkerung ebenfalls nachvollziehen (speziell in Ost-Europa und im Gebiet des fruchtbaren Halbmondes).1

***

Ganz und gar lehne ich die feministische Haltung ab, dass „der Mann“ oder „die Männer“ am Patriarchat Schuld seien! Patriarchat ist eine Gesellschaftsform, die von allen Mitgliedern, die in diesem Paradigma leben, getragen und an die kommenden Generationen weitergegeben wird. Von den Folgen einer Klimakatastrophe sind beide Geschlechter betroffen. Genauso unlogisch könnte man argumentieren: Die Frauen sind Schuld, denn sie haben die Männer im Stich gelassen, indem sie ihnen weggestorben sind …

Und wem der Wiedergeburtsgedanke nicht fremd ist, weiß: Wir kommen mal als Mann, mal als Frau zur Welt – so what?

***

Wer mehr darüber wissen möchte, wie er oder sie in dieses System geraten ist:
Wie entsteht Gewalt, wie breitet sie sich aus?
Entstehung und Ausbreitung des Patriarchats (Saharasia)

  1. Analoge Beispiele zu den sprachlichen Einflüssen im beginnenden Patriarchat auf die Ur-Europäer lassen sich überall finden, wo indigene Gemeinschaften mit den Gewalttaten der Eroberer konfrontiert sind, und die Begriffe für diese ihnen unbekannten Handlungen als Lehnworte übernehmen. []

10 Kommentare

  • Juansi

    „Das matriarchale Prinzip ist das an die Natur besser angepasste und natürliche, und somit dem Leben zuträglichere.“

    Den ersten Teil dieser Aussage finde ich nach den vorliegenden Texten nicht ganz zutreffend. War es doch die Natur selber, bzw. ihre Veränderung, die wie beschrieben das Patriarchat hervorbrachte. Oder gehören Dürreperioden und Wüsten nicht zur Natur?

    Und selbstredend, dass eine fruchtbare Natur dem Leben zuträglicher ist als eine karge. Das hat doch erstmal nichts mit der Gesellschaftsform zu tun.

    Grüße von Juansi

  • lieblingsbank

    grüss dich hannelore 😉
    wenn ich das so lese (südrussischen, Kurganen, Skythen, Sarmanten, Hunnen, Mongolen, Arabern und Türken) fällt mir die angst unserer westlichen länder vor diesen ländern auf. kommt die unterschwellige angst daher, weil diese länder uns ehemals überfallen haben? haben wir uns im sinne von „identifikation mit dem aggressor“ mit ihnen verbündet?

  • Melufee

    Was Lancelot schreibt, scheint mir die aktuelle Situation einigermassen zu treffen. Nicht bedacht ist dabei m. E., dass unserE derzeitigeS Wirtschaftsform/Politik/Bewusstsein nicht sehr "vernünftig" ist. Wir haben heute soviel Wissen wie nie zuvor, aber es ist theoretisch. Es wird zuwenig davon angewandt, zuviel verschwendet, es herrscht zuviel Gier Einzelner: Machtgier, Herrschaftswahn, Besitzgier etc. Wir haben einige der wichtigsten Regeln der Urvölker verlernt: den Respekt und das Teilen. Die Frage ist: wie holen wir solche Tugenden zurück?

  • Jürgen Hipp

    Hallo Saharasia-Fachleute,
    auch ich will die Sahara wiederbegrünen.

    Im Klimaschutz werden mit der CO2-Einsparung sehr teure Fehler gemacht – die Natur geht aber einen anderen Weg:

    Was haltet ihr von http://www.klimaaufheizung.com ?

    Danke
    Grüße
    Jürgen Hipp

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  • Vielen Dank für diesen wichtigen Hinweis!

    „Dabei findet eine Charakterveränderung statt,
    (Ur-)vertrauen verschwindet,
    Angst und Unsicherheit entstehen,
    die Mann-Frau- so wie die Mutter-Kind-Bindungen werden empfindlich gestört,
    die Kultur verfällt, geht verloren, weil sie nicht mehr überliefert wird.
    Folge: Erobern und rauben, und dabei töten, um zum Überleben.“:

    In diesen Darstellungen steckt das Potenzial eines konkreten kollektiven geistig-seelischen Mangels / Defekts, dem ich – Nichtwissenschaftler – seit 1991 nachgehe, weil ich dessen Auswirkungen an mir selbst entdeckte, und zwar nach einer sehr schweren psychischen / depressiven Krise im Dezember 1987, ausgelöst durch den plötzlichen Suizid meines jüngsten Bruders, der damals 28 war. Ich selbst war damals 40.

    1992 beging auch mein anderer, 6 Jahre jüngerer, Bruder Suizid – nachdem er schon weile Weile depressiv gestört / erkrankt war. Das beunruhigte mich und ich begab mich noch im selben Jahr auf die intensive Suche nach Ursachen von Krankheit – und Gesundheit.
    Damals gründete ich eine Initiative zur Aufklärung über die „Kollektive Zivilisations-Neurose“ (KZN), wie ich die Krankheit nannte, die ich auch von einer Reihe anderer Autoren beschrieben fand – darunter die bekanntesten Persönlichkeiten der Psychoanalyse und Psychologie: S. Freud, W. Reich, E. Fromm und andere.
    Mir war schnell klar geworden, daß die KZN (die in der Soziologie „Kollektive Neurose“ genannt wird) die wesentliche Ursache der „Globalen Krise“ war, über die ich schon einiges in der Literatur im Umfeld des „Club of Rome“ gelesen hatte.

    Ebenfalls sehr bald war mir auch klar, daß diese kollektive Neurose GRUNDLEGEND und auf völlig natürlichem Wege heilbar war: Durch den natürlichen Bewußtseins-Wandel / -Wechsel wie er im Prozeß des Erwachsenwerdens in gesunden Kulturen immer vollzogen wurde bzw. wird. (Initiation, Ascension, Übergangsritual).

    Ende 2011 veröffentlichte ich die Schritte zur grundlegenden Heilung auf meiner homepage http://www.Seelen-Oeffner.de, im Text „Wahre Heilung“.

    Die KZN wächst fast ungehindert im exponentiellen Maßstab und uns droht der Untergang; evtl. auch das Aussterben – wenn diese Krankheit nicht erkannt und grundlegend geheilt wird. Ich sehe in der KZN die wesentlichen Ursachen

    – aller „Krankheiten“ in der zivilisierten Gesellschaft. Was die Medizin „Krankheiten“ nennt, sind bei genauerem Hinsehen nur verschiedene Symptome der KZN;

    – aller unlösbar scheinenden zwischenmenschlichen Konflikte / Probleme und der Kindererziehung;

    – der „Globalen Krise“ bzw. der „99 Welt-Probleme“;

    – aller Kriege, Bürgerkriege, Gewaltherrschaften, Genozide und Massaker aller Art.

    Soviel für diesmal. Auf Wunsch gern mehr.

    Herzlichen Gruß!

    Wolfgang Heuer
    Projekt Seelen-Oeffner

  • Hannelore Vonier

    Ganz herzlichen Dank, Wolfgang, für diesen Text!

  • Erfurt, gudrun

    Hier wurde mir eine Vermutung bestätigt, Patriarchat ist Ergebnis einer krankhaften Entwicklung infolge ungünstiger, fast möchte ich sagen mörderischer Lebensverhältnisse. Für mich heißt das, die patriarchalen Verhaltensweisen liegen nicht In der Natur der Menschen. Und das gibt Hoffnung für die Zukunft. De erste Schritt zur Heilung ist die Diagnose. Das nächste ist dann wohl die Krankheitseinsicht des Patienten, in diesem Falle der Menschheit. Das wird schwierig. Alle, die davon wissen sollten diese Einsicht in die Krankheit und ihre Erscheinungsformen und Ursachen weitergeben. Dann haben unsere Nachkomme vieleicht Hoffnung und können die Menscheit heilen. Das Problem werden die Profiteure dieser Entwicklung sein..

  • Christian Gruber

    Liebe Hannelore, erst einmal vielen Dank für deinen interessanten Blog. Gerade habe ich noch etwas recherchiert über das Klima der letzten 10 000 Jahre und keinen großen Klimawandel in der Zeit von 6000 – 4000 vor unserer Zeitrechnung gefunden. Nichtsdestotrotz ist es ja eindeutig belegt daß die Sahara und der Nahe Osten einmal viel fruchtbarer und grüner waren und ein sehr viel feuchteres Klima hatten als heute. Als großes Klimaereignis dieser Zeit fand ich das Einströmen des Agassizsees in den Nordatlantik was bestimmt weit reichende Folgen hatte. Was könnten Überweidung und Erosion für eine Rolle gespielt haben im Klimawandel dieser Region? Weißt du etwas darüber?
    Den Hinweis auf Jean Liedloff an anderer Stelle fand ich hilfreich. Glücklicherweise kenne ich ihr Buch „Auf der Suche nach dem verlorenen Glück“ schon seit 30 Jahren und konnte so beim groß werden unserer beiden Töchter einiges kompensieren was ich an meiner eigenen Erziehung als nicht so gelungen empfunden hatte. Hoffentlich lesen diesen Blog auch viele Männer! Deinen Ansatz keinen Schuldigen zu finden, sondern wirklich zu verstehen, wie alles entstand, hilft vielleicht ein besseres Miteinander zu entwickeln.
    Du kennst bestimmt Jared Diamond „Kollaps“ und „Arm und Reich“ in der auch eine Haltung vertreten wird, die ich der deinen ähnlich empfinde, daß jedes menschliche Verhalten eine nachvollziehbare Geschichte hat. Das gefällt mir gut!
    Weiter so! Christian Gruber