Symbolik im Patriarchat: Die dummen Schafe

Jemand hat sich auf einem Gruppenfoto wieder erkannt und sein/ihr Missfallen im Kommentar des betreffenden Blog-Beitrags ausgedrückt. Deshalb habe ich das Foto dort retuschiert. Ich sollte vielleicht vorsichtiger sein, wenn ich Bilder ins Internet stelle, falls die Dargestellten nicht der Öffentlichkeit preisgegeben werden wollen.

Hier ist nun ein Tier-Foto mit ganz gewöhnlichen Schafen:

Das Schaf steht in patriarchalen Gesellschaften symbolisch für ein harmlos-dummes Wesen, das für den Wolf die am leichtesten zu erringende Beute abgibt. Es wurde zum Inbegriff der Hilflosigkeit gegenüber allen Feinden.

Wie kam es dazu? Schafe gehören zu den ältesten Haustieren; es sind Herdentiere, die von den ersten Nomadengruppen etwa 6000 v.u.Z. in Besitz genommen wurden (Beginn von Privateigentum). Damals entstand das Patriarchat durch Hungersnöte, aufgrund von Klimaveränderungen und Trockenheit, ganze Stämme starben.

Die Menschen bekämpften zum Überleben Nahrungskonkurrenten (Raubtiere, besonders Wölfe), hielten sie fern, grenzten sie aus, weil eben Nahrung knapp war. Sie lernten Tierherden zu kontrollieren, mit Hilfe von Hunden und auf dem Pferd. Neben Schafen gab es auch Ziegen-, Rinder- und Kamelherden, aber das genügsame Schaf, das außer Fleisch und Milch auch Kleidung lieferte, wurde unzertrennlich mit dem entstehenden Hirtentum verbunden.

Die Herde repräsentiert die Anhängerschaft eines geistlichen Führers, die sich seiner Autorität unterwirft. Das Bild entspricht der Wirtschaftsform früher tierzüchtender Nomadenvölker, setzt sich zuerst im Königtum (= Monarchie, d.h. einer ist der Erste in der Gemeinschaft, er macht den Anfang) und dann in der Demokratie fort, wo ein Anführer über andere bestimmt, und gleichzeitig die eigene „Stimme an die Obrigkeit abgegeben wird“.

Wir kennen alle das Bild vom Schafhirten, das später auch die christlichen Patriarchen übernahmen. Attribut des Hirten ist in der üblichen Darstellungsweise der Krummstab, der den Bischofsstab vorweg nimmt, und ein verbreitetes Symbol auch außerhalb des Christentums ist. So sind z.B. die Insignien des Königs von Ägypten, Geißel und Krummstab-Zepter als Fortbildungen von Fliegenwedel und Hirtenstab zu verstehen.
Sendschreiben der Bischöfe an die Angehörigen ihrer Diözese werden als Hirtenbriefe bezeichnet.
Der "gute" HirteAbb.: „Ich bin der gute Hirte, der gute Hirte gibt sein Leben für seine Schafe.“ (Johannesevangelium 10, 11) von Eugène-Modeste Le Poitevin (1806 – 1870). — In: La caricature. — Nr. 31, 1831-06-02 (Quelle)

Seine Arglosigkeit machte das Schaf zum Objekt jeglicher Verführung, und der Barockdichter Wolf Helmhard von Hohberg (1675) lässt es als andächtiges Publikum vor dem predigenden Wolf stehen:

„Die Einfalt leichtlich wird durch Listigkeit betrogen,
die Schäfflein hören offt der Wölffe Predigt an.“