Glaubenssätze – eine Form hochkonzentrierter Aufmerksamkeit

Nachdem ich nun Motherboard und Festplatte in meinem Computer ersetzt habe, bin ich halbwegs wieder blogfähig. Gerade vor meiner Pause hatte Richard einen Kommentar zu dem Artikel Mit konservativen Glaubenssätzen Neuerungen verhindern geschrieben, auf den ich im Kommentarbereich nicht weiter eingehen wollte, der mich aber beschäftigte.
Im Internet konnte ich keine befriedigende Beschreibung zu Glaubenssätzen finden (Wikipedia leitet den Begriff zu „Dogma“ weiter :-/), deshalb nehme ich mich des Themas mal an.

Erschaffung der Realität

Die Realitätserschaffungs-Philosophie besagt, dass deine Absichten, dein Denken, dein Fühlen, dein Sprechen und dein Tun deine Wirklichkeit direkt erschaffen. Also das, was du als dein Leben und deinen Alltag erlebst. Sie besagt, dass das, was du von diesen 5 Bestandteilen gibst, genau das ist, was du zurück bekommen wirst.

  • Was du glaubst ist das, was du erleben wirst, und nicht umgekehrt.
  • Dein Körper ist in deinem Bewusstsein enthalten, und nicht umgekehrt.
  • Du wirst es erst sehen, wenn du es glaubst, und nicht umgekehrt.

Diese Perspektive auf das Leben ist so ziemlich genau das Gegenteil von dem, was die meisten Menschen für wahr halten.

Diesem Weltbild zufolge sammeln und halten strukturierte Glaubenssätze deine Erfahrungen und machen aus ihnen sozusagen ein Erfahrungspaket. Wenn du dich daher mit einer gegebenen Erfahrung konfrontiert siehst, die wie eine andere aussieht, dann steckst du sie in dasselbe Paket, oft ohne weitere Überlegung.

Für viele sind die eigenen Glaubenssätze unsichtbar, nämlich dann, wenn sie sie für eine Lebenstatsache halten, anstatt für eine Überzeugung. Sie ‚glauben‘ das Leben sei so und so aufgrund ganz individueller Erfahrungen und identifizieren sich völlig damit. Das ganze Wahrnehmungsvermögen wird darauf ausgerichtet und die Überzeugungen ‚verschwinden‘ als solche.

Was ist der Schlüssel? Aufmerksamkeit.

Aufmerksamkeit schafft Realität. Worauf du die Aufmerksamkeit richtest, wird realer und spürbarer. Konzentrierst du deine ganze Aufmerksamkeit auf eine Sache, treten alle anderen Realitäten in den Hintergrund. Aufmerksamkeit ist demnach dein wichtigstes Gut.

Du entscheidest selbst, wo du Aufmerksamkeit geben willst. Der „Glaube, der Berge versetzt“, ist ein Gedanke, der mit Konzentration und Emotion aufgeladen wurde. Glaube ist eine Form hochkonzentrierter Aufmerksamkeit.

„Realität erschaffen“ ist also lediglich eine Frage der Konzentration.

Ein Beispiel: Wenn du die Wahl zwischen Vanille und Schokolade hast, und du bevorzugst Vanille, dann wirst du die Aufmerksamkeit auf Vanille richten müssen. So einfach ist das. Wenn du nämlich sagst „Ich will keine Schokolade“, wo ist dann deine Aufmerksamkeit? Immer noch bei der Schokolade. Das mag als erste Erkenntnis nützlich sein, denn du weißt nur, was du willst, im Vergleich zu dem, was du nicht willst.

Wenn du aber weiterhin und immer noch mehr bei „Ich will aber keine Schokolade!“ bleibst, gibst du dem nur noch mehr Aufmerksamkeit … und damit Wichtigkeit … und damit Bedeutung … und damit Energie … und damit Realitätsintensität.

Schon bald wirst du überall nur Schokolade bemerken und verstört darauf reagieren. Wechsle einfach mit der Aufmerksamkeit zu dem, was du stattdessen willst: Vanille.

Hört Schokolade deswegen auf zu existieren? Nein. Aber sie hat in dem Moment, wo du mit Vanille beschäftigt bist, keine Relevanz mehr für dich.

Und du brauchst dich auch nicht damit zu beschäftigen, wie du von Schokolade „loslassen“ sollst, denn allein in der Aufmerksamkeit auf Vanille lässt du ganz natürlich von dem Unerwünschten los.

Jetzt musst du nur noch entdecken, was in deinem Leben ‚Schokolade‘ und was ‚Vanille‘ ist.

7 Kommentare

  • Irene Hammann

    Liebe Hannelore,

    an deinem Beispiel mit der Schokolade kann man [ich] erkennen, dass das mit der Aufmerksamkeit nicht ganz so offensichtlich ist.

    In einfachen Fällen mag es gut funktionieren, weil es spielerisch ausprobiert werden kann, und wenn es funktioniert, wird man [werde ich] gerne weiter machen.

    Aber wenn [ich] z.B. jemand lieber sagen will: ich mag keine Schokolade! (statt: ich möchte Vanille), dann ist [mir] ihm u.U. das Nein wichtiger als das Ja; dann will [ich] er lieber kämpfen, dass [ich] er so gesehen wird, wie [ich bin] er ist, statt dass [ich] er souverän einfach wählt, was [ich] er will.

    D.h. seine unbewusste Aufmerksamkeit ist nicht auf die Sachen gerichtet, die er wählen könnte, sondern in dem Ärger gefangen, dass er erlebt hat, dass viele Leute besser zu wissen schienen, was er wollte, als er. Er erlebt sich dann als Opfer der anderen und hält im Kampf dagegen an seinem Opfer-Status fest. Und das wird er so lange tun, wie ihm das Identität gibt; das loszulassen, wäre für ihn das dümmste, was er machen könnte.

    Wenn er das loslassen könnte und sich einfach seiner Freiheit bewusst würde, zu wählen, was er lieber mag, dann finge er an, aus einer Kraft und einer Eigen-Verantwortlichkeit zu handeln, die das Kämpfen unnötig macht. Dann wäre es wieder ganz einfach (s.o.)

    Mich beschäftigt die Frage, wie man das schafft, dahin zu gelangen; oder wie man Menschen darin unterstützen kann, das, was sich wie die wahre Identität anfühlt (auf mein Beispiel bezogen: „ich bin nicht so, wie du denkst! Ich mag keine Schokolade! Kapier das doch endlich!“) , einmal nicht festzuhalten und darauf zu bestehen.

    Die Schnittstelle, um von der einen Aufmerksamkeit zu der anderen zu wechseln, ist ja oft nicht zur freien Verfügung, weil sie verborgen ist: das Nein zur Schokolade kann sich viel authentischer anfühlen, als das Ja zur Vanille, und so jemand wird sich nicht einfach von deiner Begeisterung oder der Logik anstecken lassen, seine Aufmerksamkeit woanders hinzurichten. Er würde es als Manipulation empfinden.

  • Danke für deinen Kommentar, Irene!
    Du sprichst einen guten Punkt an, auch wenn er nicht so leicht sichtbar ist. Ich glaube aber, ich weiß, was du meinst.

    Das Problem ist, dass du hypothetisch von einer dritten Person sprichst und von dir nicht in der Ich-Form. Daher kann man nicht auseinander halten, wann du von wem sprichst. Das ergibt eine Mischung aus Schokolade und Vanille 😉

    Kann schmecken, wenn es um Eis geht, aber als Metapher fürs Leben und zur Gestaltung der eigenen Realität taugt es nicht, es ist nichts Halbes und nicht Ganzes.

    Ich habe mal in einen Teil deines Kommentars die Ich-Form in eckigen Klammern eingefügt, um zu zeigen, wo das Problem liegt und wie kraftvoll die Ich-Form ist. Nutzt sie für euch!

    Niemand kann sich auf dich beziehen, wenn du von „jemand, man, er“ sprichst. Das ist erst mal nötig, um zu dem zu kommen, was ich „herauslese“ und was du eigentlich meinst. (Viele werden sich wieder erkennen, denn so zu kommunizieren ist „üblich“)

    Schreib doch einfach noch einen Kommentar, mit vielen ichs 🙂

  • Ruth

    Hallo Hannelore und Irene
    Ja ich-Aussagen sind sehr wichtig. Mir ist dies sehr bewusst. Mit Deinem Kommentar Irene wird mir dies noch mehr vor Augen geführt vorallem wie es ist wenn schriftlich nicht-Ich-(also folglich unpersönlich)-Aussagen gemacht werden. Ich verstehe Deinen Kommentar überhaupt nicht Irene. Hingegen den von Hannelore verstehe ich auf Anhieb und er ist mir völlig klar. Zudem freut er mich und ich würde ausrufen Bravo und Dankeschön für die klare Erklärung.
    Irene es würde mich freuen, wenn Du wie Hannelore Dich ermuntert hat, einen neuen Kommentar schreiben würdest damit auch Ich ihn verstehen kann.
    Herzlichen Gruss. Ruth

  • Peter

    Liebe Hannelore
    Dein Körper ist in deinem Bewusstsein enthalten, und nicht umgekehrt, schreibst du. Mich irritiert das Absolute „und nicht umgekehrt“. Ich erlebe Körper und Bewusstsein verschachtelt, in Wechselwirkung: z.B. in Begegnungen mit Menschen dann, wenn sie in mir eine Emotion auslösen und ich feststelle (durch aufmerksame Reflexion) wie mein Körper eine bestimmte Haltung einnimmt (z.B. gebückt, abgewendet, ohne Spannung usw.). Hier wirkt ein strategischer Glaubenssatz. Der Körper ist Teil vom Geist. Die moderne Emotions- und Gefühlsforschung unterstützt die uralte Prägung der Höherwertung vom Geist nicht mehr. Ich erfahre immer mehr die Gleichwertigkeit von Körper (Emotion) und Geist (Gedanken, Gefühl). Der Mensch ist zuerst Körper – ein emotionales Wesen (wie ein Kind unter drei Jahren) – das auf den Geist einwirkt. Der Körper lenkt: Wenn ich meine Haltung (in der geschilderten Begegnung) ändere (z.B. aufgerichtet, zugewendet, mit Spannung usw.), bewirkt dieser Impuls ein anderes Gefühl, ich bin aufmerksam, ich nehme bewusst wahr, ich bin bei mir, ich bin bei der anderen Person. Ich bin authentisch. Hier wirkt kein Glaubenssatz – da ist eine Chance, dass kreativ Neues entstehen kann. Könnte es sein, dass Glaubensätze unser emotionales Wesen schützen? z.B. von der Erfahrung Schmerz oder Angst? Wohin müsste ich meine Aufmerksamkeit richten? Ich werde mir bewusst: Ich bin ein verletzlicher Mensch, ich vertraue. Das ist einen andere Realität. Jetzt bin ich gespannt… und grüsse dich herzlich. Peter

  • @Peter – zu: „Mich irritiert das Absolute “und nicht umgekehrt”.“

    Stell dir vor du wärst völlig unbewusst – bewusstlos vielleicht. Wo ist dann dein Körper? Ist er? Vielleicht ist er für die anderen, die deinen Körper bei Bewusstlosigkeit evtl. künstlich ernähren. Für dich ist er aber nicht.

    Du kannst es auch bei ziemlich unbewussten Menschen sehen: Sie malträtieren ihren Körper z.B. mit Nikotin, Alkohol, zuviel oder zuwenig Essen, Medikamenten, zuwenig Schlaf usw.

    Je bewusster, desto mehr ist dein Körper präsent. Er ist in deinem Bewusstsein.
    Ein bewusster Mensch macht sich nicht krank, weil niemand freiwillig leiden will. Krankheit zeigt sich in der Materie, also körperlich.

    Je kranker, desto unbewusster sind die Leute. (Und nennen ihren Bewusstseinsschlaf „Schicksal“) Je bewusster, desto gesünder, weil sich des Körpers – und seiner Funktionen – bewusst.

    Du schreibst: „Ich werde mir bewusst: Ich bin ein verletzlicher Mensch“

    Genau.
    Dieser Glaubenssatz schützt dich vor Schmerz. Denn du wirst entsprechend handeln.

    Mit anderen hat das m. E. nichts zu tun. Die haben ja ihre eigenen Glaubenssätze.

    Hat das deine Fragen beantwortet?

  • Frauke

    Hallo Hannelore,
    als ehemalige überzeugte christliche Fundamentalistin, hatte ich den Glaubenssatz gehabt und darauf lag meine Konzentration, dass die Frau das schwächere Geschlecht ist. Ich bin ständig in diesen Kreisen von Männern ausgetrickst worden und war daher tatsächlich die Unterlegene. Nun hat sich nach dem Sektenausstieg mein Glaubenssatz geändert und bisher hat es solche Fälle nicht mehr gegeben. Die Erfolgspsychologie bestätigt das: Der GLAUBE setzt das dementsprechende POTENZIAL frei. Dieses Potential tritt in AKTION. Diese Aktion bringt dann das RESULTAT.
    Alles Gute wünsche ich dir weiterhin!

  • Anne Pöttgen

    …. man sollte aber sehr sorgfältig darüber nachdenken, ob man wirklich „Vanille“ will, sonst hat man Vanille, obwohl man eigentlich – vielleicht – Karamell haben wollte. Ich komme ein bisschen spät mit meinem Kommentar, bin aber verblüfft, eigene Gedanken so konzentriert bei anderen zu lesen. Eine Frage: fließt ein bisschen Huna hinein? Komme drauf wegen Kalifornien.
    Rette sich wer kann hält noch einiges für mich bereit.
    Danke
    Anne