Brauchen wir noch gedruckte Bücher?
Ein neuer Web 2.0 Service hat mich einmal mehr zum Nachdenken gebracht, welche Art der Informationsaufnahme uns Menschen eigentlich entspricht.
Der Literaturservice www.readbox.net hat sich zur Aufgabe gemacht, ähnlich wie Myspace für Musiker, Autoren und Autorinnen zu fördern. Die Werke können online gestellt und am PC kostenfrei gelesen werden. Möchte man jedoch ein Buch in gedruckter Form oder elektronisch auf einem ebookreader betrachten, muss der User dafür bezahlen. [via]
Silke vom commonsblog schrieb kürzlich unter Papierbücher: umständlich, uncool und unattraktiv „… wie Literatur immer mehr von Lesern gemacht wird (reader generated literature), dass Romanliteratur und die plots raffinierter online Spiele mehr und mehr gemeinsam haben. … Coole online Publikation sind keine gesellschaftsverändernde Alternative zu uncoolen Papierbüchern. Sondern lediglich Ausdruck der permanenten Veränderung der Welt um uns herum.
Die Frage ist nicht nur, woher kriege ich meine Brötchen, sondern: Was will ich über die Brötchen hinaus? Für mich und für die Gesellschaft, deren Teil ich bin.“
Geht ein Buch online, ist die Verbreitung garantiert.
Ich habe 4 Jahre lang über die Entstehung des Patriarchats recherchiert. Als ich es wusste, begann ich ein Buch darüber zu schreiben. In diesem Sommer war ich mit der Erstfassung fertig, und gerade als ich mich an die Feinarbeit machen wollte, stieß ich auf neue Erkenntnisse (durch aktuelle Ausgrabungen, überraschende Analysen der Genforschung usw.) und lernte unter anderem, dass es sehr wohl Frauenherrschaft gab (die deutsche Matriarchatsforschung behauptet das Gegenteil), dass sich sämtliche Gottesvorstellungen aus extremen Naturerscheinungen, sprich Katastrophen, entwickelten, und dass daraus wiederum unser Justizsystem hervorging. Alles zu patriarchalen Zeiten, auch die Große Mutter/Göttin gehört zum patriarchalen Konzept (es war eine Bestätigung der Informationen von indigenen Ethnien).
Ich erkannte, dass es überhaupt keinen Sinn macht, darüber ein Buch herauszubringen; ich müsste es ständig überarbeiten. (Eigentlich müsste ich auch einige meiner Webseiten überarbeiten oder sie verschwinden lassen …)
Wie viel einfacher ist es doch, darüber zu bloggen, in Interaktion mit der Leserschaft Fragen zu klären und auf vertiefende Infos zu verlinken oder den phantasievollen Interpretationen der Archäologen in einem aktuellen Beitrag zu widersprechen. Eine Neuerkenntnis kann sofort eingearbeitet werden.
Die beiden Google-Gründer hatten bereits 1996 die Vision, dass Menschen auf der ganzen Welt Bücher online durchsuchen und so die finden können, die ihren Vorstellungen entsprechen. Das Unternehmen ist dabei Bibliotheken der ganzen Welt online zu bringen. Eine Uni-Bibliothek mit 7 Millionen Bänden schafft Google in 6 Jahren. Das bedeutet: Volltextsuche in der gesamten Literatur. Von jedem Ort aus.
Hält man zum ersten Mal ein „Kindle“ von Amazon oder einen der anderen elektronischen „Reader“ in Händen, ist man überrascht, wie leicht und selbstverständlich sich die Geräte mittlerweile anfühlen, und wie bequem sich auf den mit „e-Ink“ betriebenen Schirmen lesen lässt.
Hier ein Video über den Kindle-Reader vom „Orlando-Sentinel“, unserer Tageszeitung:
Ist es denn im Land der Dichter und Denker ästhetisch überhaupt vertretbar, Romane nicht auf Papier zu lesen … mehr dazu im Literaturcafé.
Brauchen wir wirklich gedruckte Bücher oder können wir die Bäume stehen lassen?
…wieviel Bäume werden umgeholzt der Bücher wegen???
Wieviel Natur wird zerstört, um den Strom für mögliche künftige Computerbucher zu erzeugen?
Wie oft kann ein Buch gelesen werden, ohne neue Energien zu verbrauchen?
Wie oft kann ein Onlinebuch geselen werden, ohne zusätzliche Energien zu verbrauchen?
Onlinebücher sind wunderbar einfach für die, die bequem online gehen können… was ist mit dem Rest der Menschheit, müssen nun alle einen PC haben an den neuen Informationen teilzuhaben?
Warum nicht das eine tun ohne das andere zu lassen… warum nicht die Vielfalt der Möglichkeiten nutzen um das Wort weiter zu tragen, durch das gesprochene und geschriebene Wort… oder das gemalte Bild oder eine Skulptur oder Plastik…. Vielfältigkeit ist meine Wahl, nur ein Onlinebuch wäre für mich nicht genug…
Habe ich da etwa missverstanden?
Es geht doch nicht wirklich darum, Polaritäten zu erzeugen, Onliebuch versus Papierbuch?
Onlinebücher sind eine Bereicherung der literarischen Landschaft, eine Möglichkeit der individuellen Äußerung von Vorstellungen des Dasein.
Die Macht der Verlage, die aus wirtschaftlichen Überlegungen immer Mainstream verkauft haben, im berechtigten eigenen Interesse des Überlebens, existiert durch die Möglichkeit, Bücher erschwinglich zu produzieren und Online zu stellen, nicht mehr.
Texte müssen nur noch geschrieben werden und gelesen. Aufwendige Produktionen entfallen.
Das hindert mich auch nicht daran hier und da ein schönes Buch zu kaufen, das mich auch haptisch sinnlich erfreut.
Ich kann wählen.
Einen anderern Aspekt der stetig wachsenden Online Literatur und vor allem der Literaturkataloge im Internet finde ich sehr erfreulich. Ich finde endlich in angemessener Zeit die Literatur, die mich interessiert. Früher habe ich Tage damit verbracht, Karteikärtchen in der Staatsbibliothek nach meinen Interessensgebieten zu durchsuchen, mit mehr oder weniger großem Erfolg. Relevante Literatur zu abgelegenen Themen findet sich viel schneller im Netz. Vor allem da ich nach meinem Studium auch nie so viel Zeit hatte, um tageweise in die 70 km entfernte Bibliothek zu fahren. Ich komme mitlerweile ohne Probleme an meinen Lesestoff und bin sehr froh darüber.
Jahrelang war das nicht möglich. Ich liebe die neuen Möglichkeiten.
Ich bin sowieso für: Bäume stehen lassen!
Es gibt bereits genug Papier und ich glaube nicht, dass das meiste davon für „ordentliche“ Bücher, mit langer Haltbarkeitsdauer verbraucht wird.
Wenn das elektronische Buch genauso oder noch handlicher ist, wenn die Texte, wie im Buch pur und ohne störende Zusätze drum herum aufbereitet sind, die LeserInnen die Buchstabengröße individuell einstellen können, man dazu nicht permanent online sein muss, könnte mich das erfreuen. Ich finde die Entwicklung eigentlich gut, aber, wie Ursula sagte, zusätzlich und nicht stattdessen…
Stephanies letzter Blog-Beitrag…Am Anfang war die Mutter
Hallo zusammen!
Es gab also doch Frauenherrschaft? Aber erst zu patriarchalen Zeiten? Gab es dann Frauenherrschaft vor der Herrschaft der Väter?
„Auch die Große Mutter/Göttin gehört zum patriarchalen Konzept (es war eine Bestätigung der Informationen von indigenen Ethnien).“
Den letzten Satz verstehe ich nicht so ganz. Heißt das, dass indigene/matriarchale Völker auch ein Göttin-Konzept hatten? Oder gab es das bei ihnen erst später? Oder bringe ich da etwas durcheinander?
Bin ein wenig verwirrt und wäre für Antworten sehr dankbar.
Gruß,
Tyulender
@Ursula – Ich weiß nicht, wie es technisch ermöglicht wird, aber man braucht keinen PC und auch sonst kein Internet oder einen Internetzugriffspunkt (z.B. Hot Spot – WLAN). Die Schriftgröße kann man einstellen. Und man kann auch Notizen machen und Eselsohren (bookmarks), für mich unerlässlich beim Lesen eines Buches.
Interessanterweise, kann man neben Büchern und Zeitungen/Zeitschriften beim Kindle auch auf Blogs zugreifen. Ich bin froh, dass die richtunggebende Technologie aus Amerika kommt, denn die Deutschen hätten wahrscheinlich die Blogs nicht hinzugenommen. (Hat auch mich überrascht, ist aber logisch, wenn man sich in Richtung Herrschaftsfreiheit bewegt.)
Bücher habe ich noch ganz gerne auf Papier, auch wenn’s mir um die Bäume leid tut, doch inzwischen lese ich oft fast mehr online – wobei ich natürlich nicht die ganze Zeit am Schreibtisch sitzen muss, sondern mich mit dem Laptop bequem im Bett räkeln kann. Ob ich mir vielleicht irgendwann mal so ein Kindle-Reader anschaffe (denn könnte das wirklich noch bequemer sein?!), ist also ziemlich fraglich, doch wer weiss…
Das Geschriebenes im Computer bzw. im Internet immer wieder korrigiert/ergänzt werden kann, finde ich extrem gut, dann kann ich immer wieder mal an meinen Seiten herumdoktern.
Ich fände es aber echt jammerschade, wenn irgendwelche alten Seiten von dir auf Nimmerwiedersehen verschwinden würden, nur weil’s inzwischen vielleicht nicht mehr der letzte Schrei der Forschung ist – lieber einfach mit einem Link zu den neueren Erkenntnissen updaten, wenn du keine Lust hast, alles zu überarbeiten, was wohl eine Heidenarbeit wäre…
@Tyulender –
Das Wort „Gott“ hatte kein männliches Geschlecht. Es war ein Neutrum. „Vom unbegreiflichen, fernen Es geht der Weg zum ER.“
Hans Eggers, Deutsche Sprachgeschichte I
@Hannelore – Hallo Hannelore, das Internet liebe ich selbst, da es mir heute viele Möglichkeiten des Lernens gibt, die ich als Kind und Jugendliche so schmerzlich vermisst habe. Doch gibt es diese Möglichkeit auch für die, die kein Geld haben?
Ich bin liebe es im Internet zu lesen, mich hier zu informieren, doch ich möchte auf kein Buch verzichten. Denn sollte ich nicht das Geld haben, mir den Zugang erlauben zu können, habe ich noch meine Papiere. Denn öffentlich online gehen ist auch gebührenpflichtig, ist dies in den Staaten kostenfrei?