Familie Teil2 – die ganze Geschichte
Gleich an zwei Orten hat der Artikel „Familie – ein überholtes Modell oder Fehlkonstruktion von Anfang an?“ zu Aufmerksamkeit und Diskussion im Kommentarbereich geführt. Anscheinend habe ich einen Nerv getroffen… In dieser Fortsetzung zeigen uns die geschichtlichen Zusammenhänge, was zu unserem heutigen Lebensstil geführt hat.
„Gerade jetzt wo uns ein romantisiertes Familienbild, das es so mehrheitlich nie gegeben hat, als Heilmittel für die böse Welt, insbesondere von der politisch extrem Rechten nahegelegt werden soll, sind Informationen mit realem geschichtlichen Hintergrund um so wertvoller.“ (Kommentar von gerlindy)
Im 5. Jh. v.u.Z. werden erstmals die Begriffe geprägt, die noch heute die Verfassungen beschreiben:
- Monarchie
- Aristokratie
- Demokratie
In Athen wird im selben Jahrhundert zum ersten Mal Demokratie verwirklicht. Auch innerhalb dieser bleibt Patronomie die Organisationsform des Patriarchats: Der Vater, Inhaber der wichtigsten sozialen Position, ist vom Mann zu unterscheiden; Herrschaft der Väter und männliche Dominanz sind nicht schon identisch.
„hm…ich bin sehr überzeugter und stolzer Familienvater…..“ (Kommentar von kmr)
Unser Wort „Familie“ geht auf den lateinischen Begrif familia (die Hausgemeinschaft) zurück, abgeleitet von famulus, „Haussklave“, und bezeichnete den Besitz eines Mannes, des pater familias. Familia und pater waren keine Verwandtschafts-, sondern Herrschaftsbezeichnungen. Der biologische Erzeuger (Vater) hieß genitor, nicht pater. In der Antike wird innerhalb des demokratischen Verständnisses im Laufe der Zeit nicht nur die väterliche Herrschaft gegenüber Frauen und Kindern, sondern auch gegenüber Männern als konstitutiv für die rechte Ordnung angesehen. Die Gehorsamsforderung ist ein Gebot der gesellschaftlichen Ordnung, die wesentlich auf der despotischen Ordnung des Hauses (Oikos) beruht. Im Oikos als einer Gruppierung um einen Herrn, der zugleich Vater, Sklavenhalter und Ehemann ist, sieht Aristoteles keine Gruppe, die sich beliebig formen könnte, und schon gar nicht eine Nische für das Individuum, sondern einen festen Teil der Polis (Polis ist der antike griechische Stadtstaat, im Gegensatz zu Ethnos, dem Stammesstaat). Die Polis setzt sich keineswegs aus Individuen zusammen! Sie ist ein Aggregat von Haushalten (Oikoi, Mehrzahl) – ein Zusammenschluss von freien und gleichen Familienvorständen. Gemeinsam ist allen póleis, dass Bürger (Landbesitzer) und Nichtbürger (Sklaven, Landarbeiter, Handwerker) streng geschieden sind. Beide Gruppen tragen zum Reichtum einer Stadt bei, doch dürfen nur Bürger über die politischen Angelegenheiten mitbestimmen. Frauen sind ebenfalls vom politischen Leben ausgeschlossen, bleiben an den häuslichen Bereich gebunden und können nicht selbstständig handeln, sondern müssen sich von ihrem Mann (kýrios, Herr) vertreten lassen. Beachte: Das Wort „Kirche“, kyriakon, geht auf die gleiche Wurzel zurück.
Wenn vom Haus Gottes in der griechischen Bibelübersetzung geschrieben ist, dann steht dort immer das griechische Wort „oikos“ so z.B. in:
Insgesamt wird das griechische Wort oikos /oikonomia über 100 mal in der Bibel benutzt. (Wikipedia) |
Der Hausvater bleibt Priester, die Familie frühe Kultgemeinde. Diesen Zusammenhang erkennen wir aus der Bibel (siehe Kasten), ansonsten ist oikos Stammwort für Ökonomie und Ökologie. Was Homer, viel gelesener Dichter der gemeinsamen Vorzeit aller Griechen, über die Lebensweise der Adeligen im 8. Jh. berichtet, also die Zeitspanne, aus dem die Demokratie hervorging:
Griechenland wird nicht einheitlich verwaltet und regiert. Überall herrschen adelige Familienoberhäupter (alle nennen sich Könige), sie leiten ihre Macht von einem Ahnen, der später zum Gott oder Halbgott hochstilisiert wird, ab (Entstehung des Pantheon). Ihr Reichtum und ihr Ansehen wurde vom Vater erworben und an die Söhne weiter vererbt. Erfolgreiche Raubzüge zur See sichern neue Beute (Frauen, Vieh, Metall für Werkzeuge, Waffen, Hausgeräte). Die Welt des Adels, in der man vor allem dem Vater keine Schande machen will, ist der Kampf, der kriegerische und der sportliche, bei denen ein Mann sich als der Überlegene, der Beste zu bewähren hat (Wettstreit-Prinzip, Komparatismus). Die „Besten“ und die „Guten“ sind geläufige Bezeichnungen griechischer Adelsstände. Die Arbeit wurde gegenüber den adeligen Freizeitbeschäftigungen gering geschätzt; die Adelskritik spricht von einem Leben wie die Drohnen.
Gleichwohl werden die Wertvorstellungen des Adels zum Vorbild für die nichtadeligen Griechen. Daran hat sich bis heute nichts geändert, wie die Bunte Presse, und auch die nicht so bunte, illustriert: Der Oikos der archaischen Zeit (Odyssee), ist zunächst ein bäuerliches Anwesen, zu dem über den Kreis der engeren Familie (Blutsverwandte) hinaus Bedienstete (Ammen) und Sklavinnen (als Nebenfrauen) gehörten. Sklaven gab es nur selten, da erbeutete Männer meist getötet wurden.
Mein Vater wird noch die ganze Welt erobern und mir nichts zu tun übrig lassen. Alexander der Große (356-323), makedon. König
Das Ganze lief auf möglichst viele Nachkommen hinaus: Töchter, um neue Nachkommen zu produzieren, Söhne, um neue Beute zu erobern und den Besitz zu vermehren (Akkumulation von Eigentum), und dieses Eigentum, vor allem das Land, zu verteidigen. Auch daran hat sich bis heute nichts geändert:
Der moderne Nachwuchs übt mit „Kinderparty-Kostümen“ die alt-überlieferten Rollen ein. Der Junge als Kämpfer mit Waffe, das Mädchen trägt als Prinzessin den Reichtum der Familie zur Schau.
Beginn der Demokratie
Die Familie ist in der Antike wie auch heute für den Lebensunterhalt unentbehrlich. Vor allem für die Altersversorgung waren die Familienmitglieder aufeinander angewiesen. Der Hausvater hat für Schutz und Verteidigung der Familie zu sorgen; im 5. Jahrhundert v.u.Z. übernimmt der Staat diese Aufgaben (Beginn der Demokratie). Dass wir bis heute innerhalb der gleichen Sozialstrukturen leben, sagt schon der Name des entsprechenden Bundesministeriums: Es ist zuständig für den Schutz der Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Die Väter stehen außer- und oberhalb dieser Gruppe; ihnen gehört das Ministerium, sie haben die Definitionsmacht. Demokratie ist die „Herrschaft der Bürger“, demos = Bürger, etymologisch: der Vater und Mann, der die Burg verteidigt, und kratos, „Stärke, Kraft, Macht, Herrschaft, Sieg“. Häufig wird Demokratie als „Herrschaft des Volkes“ übersetzt und dann denkt man: Volk, das sind alle. Demos geht aber auf die indogermanische Wurzel da- zurück, was „teilen, zerschneiden, zerreißen“ bedeutet. Was sich einerseits auf das Erbrecht als auch auf das gemeinsam eingenommene Mahl (Nahrung teilen) bezieht. (Vergl. auch „Teile und herrsche“.) Das griechische damos, so wie das verwandte altiranische dam, muss verstanden werden als ‚Volk‘ im Sinne von „Gefolgschaft, in einem Gebiet lebend“, das walisische Wort für „Schwiegersohn“, und hethitisch für „fremde Leute“ gehen auf die gleiche Sprachwurzel zurück und offenbaren, dass es sich nicht um Blutsverwandte handelt; in Athen wurde der einzelne Gau damos genannt. Die Sprachwurzel da- erweiterte sich später in verschiedenen indogermanischen Sprachen zu Begriffen wie Opfermahl, Fest, ‚Aufwand aus Bewirtung‘, im Gallischen dann zu arcanto-danos als „das Silber verteilend“. (Quellen für interessierte Sprachwissenschaftler: Calvert Watkins und Pokorny.) Sowohl Oikos als auch familia waren eine reine Wirtschaftsgemeinschaft, die die polis, den Staat, unterstützte und ihrerseits vom Staat unterstützt wurde. Erziehung ist Erziehung durch den Staat und für den Staat. Durch viele Gesetze wird gesichert, dass der Familie ihr Erbe erhalten blieb (das unter den Söhnen verteilt wird) und, dass keine Bürger-Familie ausstarb. Und diese Ziele werden auch noch heute von den PolitikerInnen verfolgt. Ob Sie damit dem Zeitgeist entsprechen? Ich bezweifle es.
Serie Familie
- Familie – ein überholtes Modell oder Fehlkonstruktion von Anfang an?
- Familie Teil2 – die ganze Geschichte
Mir ist aus der Literatur die Übersetzung/Bedeutung der Silben "da/de" als "Blut" bekannt. Das passt eigentlich nicht zu der oben beschriebenen Erklärung: z.B. "Adam" = der aus "Blut + Lehm" gemachte, nämlich dem Blut der (alten, grossen) Göttin. Demnach wäre "Demeter" das weibliche Blutmass. Wer weiss etwas dazu? e.a.
@Erika: Kleine Anmerkung: Adam (adamah) ist ein hebräisches Wort, der entsprechende Begriff in den indogermanischen Sprachen ist "kneten, Lehm kneten" – dheig^h- (indg.), verwandt mit dough (engl.) und Teig (deutsch).
Der Artikel bezieht sich auf griechische und lateinische Begriffe, also indog. Sprachen. Das liegt daran, dass ich kein hebräisch oder sonstige semitische Sprachen kann … leider 🙁
@Erika: Kleine Anmerkung: Adam (adamah) ist ein hebräisches Wort, der entsprechende Begriff in den indogermanischen Sprachen ist "kneten, Lehm kneten" – dheig^h- (indg.), verwandt mit dough (engl.) und Teig (deutsch).
Der Artikel bezieht sich auf griechische und lateinische Begriffe, also indog. Sprachen. Das liegt daran, dass ich kein hebräisch oder sonstige semitische Sprachen kann … leider 🙁
@Erika: Kleine Anmerkung: Adam (adamah) ist ein hebräisches Wort, der entsprechende Begriff in den indogermanischen Sprachen ist "kneten, Lehm kneten" – dheig^h- (indg.), verwandt mit dough (engl.) und Teig (deutsch).
Der Artikel bezieht sich auf griechische und lateinische Begriffe, also indog. Sprachen. Das liegt daran, dass ich kein hebräisch oder sonstige semitische Sprachen kann … leider 🙁
Mir ist aus der Literatur die Übersetzung/Bedeutung der Silben "da/de" als "Blut" bekannt. Das passt eigentlich nicht zu der oben beschriebenen Erklärung: z.B. "Adam" = der aus "Blut + Lehm" gemachte, nämlich dem Blut der (alten, grossen) Göttin. Demnach wäre "Demeter" das weibliche Blutmass. Wer weiss etwas dazu? e.a.
Mir ist aus der Literatur die Übersetzung/Bedeutung der Silben "da/de" als "Blut" bekannt. Das passt eigentlich nicht zu der oben beschriebenen Erklärung: z.B. "Adam" = der aus "Blut + Lehm" gemachte, nämlich dem Blut der (alten, grossen) Göttin. Demnach wäre "Demeter" das weibliche Blutmass. Wer weiss etwas dazu? e.a.