Shared Space – Verantwortung statt Ampeln
Kürzlich habe ich über die Nachteile des Ampelsystems im Verkehr geschrieben. Eine RSWK-Leserin hat mich daraufhin auf eine ZDF-Fernseh-Sendung zum Thema Shared Space aufmerksam gemacht.
Hier sind ein paar Schnipsel aus dem ZDF-Beitrag:
„Der öffentliche Raum ist das Herz unserer Gesellschaft!“, meinte vor 30 Jahren der niederländische Verkehrsplaner Hans Monderman, einer der Vordenker und Initiatoren von Shared Space. Die Idee des Shared Space ist radikal in einer Herrschaftsgesellschaft wie der unseren. Der Begriff bedeutet „mit anderen geteilter Raum“. Wir müssen das im Deutschen umständlich umschreiben; man kann nicht einfach „geteilter Raum“ sagen, weil das an „Raum zerteilen, aufteilen“ erinnert, an Einrichtungsgegenstände wie „Raumteiler“.
Verantwortung statt Ampeln
An teilen im Sinne von ‚zerteilen‘ sind wir im Patriarchat gewöhnt. Es wird aus- und abgegrenzt, vom Zaun bis zum Ausländer. Beim Konzept des Shared Space wird Raum neu gestaltet und belebt, nicht reguliert und zerteilt. Die ‚tollen‘ Errungenschaften der Technik wie Auto, Straßenbahn oder Bus werden neu bewertet – Massentransport verliert an Gewicht. Die Aufenthaltsqualität vor Ort wird in den Mittelpunkt gerückt. Shared Space ist der von allen gemeinsam genutzte Raum – vom Kind bis zum Greis. Nicht Hierarchie diktiert den Ablauf, sondern Selbstverantwortung und gesunder Menschenverstand.
Back to the roots
Dieses Bild erinnert mich an die ethnologischen Beschreibungen herrschaftsfreier Stämme bei Ureinwohnern. Wo die täglichen Beziehungs- und Handlungsabläufe störungsfrei im Fluss sind, wo die Mitglieder aufeinander achten. Max Weber nannte diese gewaltfreien Stammesgesellschaften „regulierte Anarchien„.
Es handelt sich hier nicht um eine Mode, sondern um eine neue/alte Qualität der Kultur. Eine Veränderung, die gefällt: höchste Sicherheit, keine Unfälle. Das Auto als Waffe hat ausgedient.
Keine Verschwendung mehr von Gemeinschafts-Geldern (Steuern) für Schilder, Ampeln, Straßenbemalungen wie Zebrastreifen und die Instandhaltung all dieser „Hilfsmittel“, die gar nicht wirklich helfen. Denn wenn wir spielende Kinder auf der Straße sehen, dann verlangsamen wir eher unser Tempo, als wenn wir ein Schild mit „Vorsicht, Kinder!“ beachten sollen.
Behinderte, müssen sich nicht mehr auf ein Geräusch an der Ampel verlassen, sondern überqueren die Straße am Arm eines Mit-Fußgängers. Was fühlt sich sicherer an? Eine neue Interaktion mit „Fremden“ ist angesagt: Um Hilfe bitten, Hilfe anbieten. Das andere, fremde wird einen Bedeutungswandel erfahren.
Der Verstand weiß von nichts – der Bauch umso mehr
Im Film wird vermutet, dass beim Shared Space die Menschen vorsichtiger würden, weil sie das Risiko nicht einschätzen könnten und daher verwirrt wären. Deshalb würde das Ganze funktionieren. Das mag vielleicht für den Moment stimmen.
Ich glaube eher, dass in Zukunft mit dem Ausbau von Projekten, wo zwingend alle Beteiligten Verantwortung für sich und andere tragen müssen, die Einschätzung des Risikos schnell (wieder) erlernt wird. Unser Instinkt, das Bauchgehirn, auf das wir uns bei Gefahr verlassen, wird trainiert, blitzschnell die Situation zu erfassen und zu handeln, bevor der Verstand überhaupt mitbekommt, was eigentlich los ist.
Hier ist noch ein Beispiel aus Hamburg, in dem viele Fragen aufgeworfen werden:
Welche Gefühle kommen bei dir auf, wenn du dir eine Mischung aus Geschäftsleuten, Kindern und Behinderten zu Fuß, Fahrradfahrerinnen und Autos vorstellst? Hast du Shared Space bereits irgendwo kennen gelernt?
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die stadt in der ich lebe hat seit den 50ger jahren den entgegengesetzten weg gewählt: eine fußgängerzone und aussen herum breite strassen.
ergebnis: nach ladenschluss eine ausgestorbene innenstadt und der ausbau großer einkaufszentren vor der stadt. der verkehr wurde versucht zu regulieren, mit verbannung verboten, rückbau von fahrbahnen und so quält sich ein zäher fahrstrom ruckweise von ampeln aufgestaut und losgelassen durch die stadt.
shared space scheint mir die lösung zu sein.
heute wird alles reguliert mir wird gesagt jetzt kannst du fahren, jetzt anhalten und so entstehen unfälle weil doch noch jemand auf der strasse ist, ein auto noch schnell abbiegen wollte. wenn ich mich nicht auf ein leuchtendes licht, ein buntes schild verlasse, muss ich selber sehen, die situation einschätzen
und dabei kann so viel geld material und energie eingespar werden. ich bin dafür.
die stadt in der ich lebe hat seit den 50ger jahren den entgegengesetzten weg gewählt: eine fußgängerzone und aussen herum breite strassen.
ergebnis: nach ladenschluss eine ausgestorbene innenstadt und der ausbau großer einkaufszentren vor der stadt. der verkehr wurde versucht zu regulieren, mit verbannung verboten, rückbau von fahrbahnen und so quält sich ein zäher fahrstrom ruckweise von ampeln aufgestaut und losgelassen durch die stadt.
shared space scheint mir die lösung zu sein.
heute wird alles reguliert mir wird gesagt jetzt kannst du fahren, jetzt anhalten und so entstehen unfälle weil doch noch jemand auf der strasse ist, ein auto noch schnell abbiegen wollte. wenn ich mich nicht auf ein leuchtendes licht, ein buntes schild verlasse, muss ich selber sehen, die situation einschätzen
und dabei kann so viel geld material und energie eingespar werden. ich bin dafür.
Antwort auf Birgit, hallo,
was Du beschreibst, oder so ähnlich habe ich auf der Suche nach einem neuen Wohnplatz in Nagold gefunden: ein gemütliches Stadtzentrum mit Springbrunnen, Geschäften, Kneipen, Terrassen zum Sitzen im Freien und Geniessen, etc., eben Fußgängerzone; und andrerseits Verkehr und Gerenne außen herum.
Ich wäre dort gern heimisch geworden, auch in der näheren Umgebung. Hat leider nicht geklappt. Man wollte mich mit meinem Ganzjahres-Solarhaus nicht.
So ist das (immer noch fast! überall) im Deutschen Land. Das Patriarchat ist ein Irrtum oder eine Fehlentwicklung der Menschheitsgeschichte. Das obige Haus entsteht jetzt woanders. Inch’Allah. – melufee.
P.s.: Das „Beispiel aus Hamburg“ habe ich gesucht aber nicht gefunden.
Melufee, was meinst du mit „Das “Beispiel aus Hamburg” habe ich gesucht aber nicht gefunden.“?
Antwort auf Birgit, hallo,
was Du beschreibst, oder so ähnlich habe ich auf der Suche nach einem neuen Wohnplatz in Nagold gefunden: ein gemütliches Stadtzentrum mit Springbrunnen, Geschäften, Kneipen, Terrassen zum Sitzen im Freien und Geniessen, etc., eben Fußgängerzone; und andrerseits Verkehr und Gerenne außen herum.
Ich wäre dort gern heimisch geworden, auch in der näheren Umgebung. Hat leider nicht geklappt. Man wollte mich mit meinem Ganzjahres-Solarhaus nicht.
So ist das (immer noch fast! überall) im Deutschen Land. Das Patriarchat ist ein Irrtum oder eine Fehlentwicklung der Menschheitsgeschichte. Das obige Haus entsteht jetzt woanders. Inch’Allah. – melufee.
P.s.: Das „Beispiel aus Hamburg“ habe ich gesucht aber nicht gefunden.
Melufee, was meinst du mit „Das “Beispiel aus Hamburg” habe ich gesucht aber nicht gefunden.“?
Ich gehe gerne noch einen Schritt weiter: shared space ist auch das was ich sehe, zum Beispiel ein Baum in „meiner “ Strasse, auch wenn der Baum am Eck des Grundstücks von einer privaten Grenze steht . Bei uns ist es so: jeder kann innerhalb seines Zaunes oder auch innerhalb seiner sogenannten Zuständigkeitsgebiete ( z.B. Wasseramt in Deutschland) einschneidende Veränderungen des Raumes um uns herum vornehmen ohne Rücksprache mit den Bewohnern desselben. Das Kriterium Verlust der Schönheit eines Weges, einer Strasse eines Flusses eines Himmels über meinem Kopf, den ich gewohnt bin zu begehen oder zu besehen gilt für ein zuständiges Amt nichts.
Shared Space wäre auch denkbar für unseren ganzen, uns umgebenden Lebensraum. Das hört sich völlig utopisch an, weil wir gewohnt sind in „Eigentumsfeldern“ und „Rechtszuständigkeiten“ und den dazu gehörigen „Haftungszonen “ aus welchen sich die Versicherungsfälle ableiten lassen.
Zu kurz kommt dabei unser inneres Bild welches wir von unserem Lebensraum in uns tragen und dass diese sehr wohl „uns gehört“ . Was hälst du von diesem Gedanken?